Montag, 19. September 2011

Ist das Abstimmungsverhalten zum Tempelhofer Referendum auf die Abgeordnetenhauswahl und die A100 übertragbar? Inspiration zu einer neuen Studie


Dass die Berliner Stadtautobahn A100 erweitert werden soll, steht für die SPD-geleitete Senatsverwaltung für Stadtentwicklung seit 2009 fest. Die SPD hat die Landtagswahlen gewonnen und darf nun einen Koalitionspartner finden. Ein Wahlkampfthema war u.a. die Stadtautobahn, die Parteien machten ihre Positionen dazu klar. Wenn die Koalitionsentscheidung nur von einer Frage abhinge – A100-Erweiterung ja oder nein – müsste sich Wowereit für die CDU entscheiden. Denn die GRÜNEN tönten vor der Wahl „Rot-Grün gibt es nur ohne A100“.
 
Hat sich dies in der Wählerentscheidung niedergeschlagen? Könnte man behaupten, dass Wähler in Gebieten, die einen hohen Stimmenanteil für die SPD hervorbrachten, für den Ausbau und solche mit hohem GRÜNEN-Anteil dagegen sind? 

Eine Studie von Dr. Gabriel Ahlfeldt, Direktor von URBANCONTEXT, in Zusammenabreit mitr Felix Schrayvogel, legt genau dies nahe. Für das Referendum zum Erhalt des Flughafens Tempelhof (THF) 2008 konnten die Autoren nachweisen, dass sich die Empfehlungen der politischen Parteien für oder gegen den Erhalt im Wahlverhalten der Anhänger niederschlugen. Ein weiterer, spannender Befund ist, dass sich in der Umgebung des Flughafens Schönefeld besonders viele Bürger für den Erhalt THFs aussprachen – aus Angst vor vermehrtem Fluglärm aufgrund der Umlegung des Flugverkehrs von THF nach Schönefeld.

Lässt sich dies auch für die A100 belegen? Finden sich demnach in Gebieten um die A100 eventuell besonders viele GRÜNEN-Anhänger?  Schaut man sich die Verteilung der Zweitstimmen in den einzelnen Wahlkreisen an, durch welche der neue Bau-Abschnitt führen soll (Treptow-Köpenick 01, umgebende: Lichtenberg 05 und 06, Friedrichshain-Kreuzberg 02), ergibt sich allerdings ein eher heterogenes Bild. In Alt-Treptow liegt die Elsenstraße, welche laut dem Senat, zitiert nach den GRÜNEN, ein vermehrtes Verkehrsaufkommen hinnehmen muss. In diesem Wahlkreis hat die SPD zwar weniger Stimmen als noch 2006, ist aber immer noch stärkste Kraft. Für „nebenan“ in Neukölln gilt dies ebenso, in Lichtenberg holte die SPD 2011 sogar zum ersten Mal die Mehrheit der Stimmen – zuvor war es immer Die Linke/PDS. Der angrenzende Bereich Wahlbezirk 02 Friedrichshain-Kreuzberg wurde noch grüner als 2006.

Hat Lichtenberg Die Linke abgestraft und sich mit der Wahl der SPD für die Erweiterung der Stadtautobahn ausgesprochen? Erwartet man sich dort davon eine höhere wirtschaftliche Aktivität? Die Anwohner der Treptower Beermannstraße wehren sich gegen den geplanten Abriss ihrer Häuser – was aber nicht (genug) in den Landeswahlergebnissen zum Ausdruck kam. Und Friedrichshain-Kreuzberg? Der Trend zu grün wurde dadurch vielleicht verstärkt. 

Leider  liegt eine Studie dazu (noch) nicht vor – an dieser Stelle sind nur erste nicht-statistisch berechnete Beobachtungen und Thesen möglich. Zunächst warten wir gespannt auf die Koalitionsentscheidung – und mit Rot-Grün mag vielleicht ein Referendum zur Abstimmung über Ausbau oder Stopp der A100 ins Leben gerufen werden müssen – das dann untersucht werden kann.

Dienstag, 13. September 2011

Infrastrukturprojekte können wirtschaftliche Aktivität fördern

Der höchste Turm der Treptowers steht bald leer, titelt die Zitty in ihrer Ausgabe 18/2011. Ja, der Tower am Treptower Park, auf dem Allianz drauf steht und das BKA drin war. Dieses zieht aber nun um – und die Allianz sucht neue Mieter.
Nur – wer wird kommen, und woher?
Wer genau einziehen wird, kann nicht beantwortet werden – über die Frage „woher“ kann man da schon eher spekulieren.
Neben dem Individualverkehr – also mit dem Auto oder Fahrrad o.ä. – können die Neuen mit Flugzeug oder Bahn anreisen. An den BER sind große Erwartungen positiver ökonomischer Impulse geknüpft. Vielleicht kann er dazu beitragen, Unternehmen in Berlin anzusiedeln und neue Arbeitsplätze zu schaffen. Die Nahverkehrsverbindung mit der S9 von Schönefeld zum Treptower Park ist immerhin eine Direktverbindung – in gut 20 Minuten ist man da.
Für die intranationale Anreise bietet sich der  Berliner Hauptbahnhof an. Eine aktuelle URBAN­CONTEXT-Studie  kann innerhalb der Regionen, die durch Intercity-Verbindungen vernetzt sind, eine  nachhaltige Förderung wirtschaftlicher Aktivität durch diese Verbindungen nachweisen. Denn über diese Wege werden ökonomische Akteure zusammengebracht.
Der Hauptbahnhof ist doch schon seit 2006 in Betrieb? Die Autoren geben zu bedenken, dass der Hauptbahnhof bisher noch keine sehr großen Effekte aufweisen kann – denn die innerstädtische Verbindung des ÖPNV als auch des Individualverkehrs dorthin ist noch unzureichend. So können zwar Beschäftigte und Unternehmer nach Berlin reisen – aber nicht (zügig) zu ihrem Arbeitsort gelangen. Erste Versuche, diese Situation zu verbessern, werden mit dem Ausbau dreier Tramlinien und einer Nord-Süd-Erweiterung der S-Bahn (Hauptbahnhof – Nordring) zum Hauptbahnhof unternommen. Parkplätze etwa sind in diesem Plan jedoch noch nicht enthalten. Zum Treptower Park sind es –  wie von Schönefeld/BER – nur etwa 20 Minuten (allerdings inklusive einmal umsteigen). 
Die potenziellen neuen Treptower-Mieter haben also theoretisch gute verkehrstechnische Voraussetzungen. Woher sie kommen können, wissen wir nun. Bleibt die Frage, wer denn wohl einziehen wird.